Es gibt vermutlich viele Gründe, warum Menschen Cannabis konsumieren. Für die meisten Konsumierenden stehen sicherlich die als positiv erlebten Wirkungen des Cannabisrauschs im Vordergrund. Dahinter können sich aber auch andere Motive verbergen. Vor allem dann, wenn bereits ein problematischer Konsum vorliegt.
So hat ein US-amerikanisches Forschungsteam herausgefunden, dass die soziale Phobie in Zusammenhang steht mit problematischem Cannabiskonsum. Der Konsum werde demnach von sozial ängstlichen Personen zur Bewältigung von Problemen benutzt, fördere diese aber gleichzeitig.
Meist tritt die soziale Phobie erstmals im Jugendalter auf. Etwa in dieser Zeit liegt auch das durchschnittliche Alter für den Erstkonsum von Cannabis. Studien aus den USA konnten zeigen, dass 29 Prozent aller Personen, die an sozialer Phobie leiden, einen problematischen Cannabiskonsum entwickeln. In der amerikanischen Allgemeinbevölkerung trifft problematischer Cannabiskonsum hingegen nur auf 4,2 Prozent zu.
Angesichts der offenkundig erhöhten Verbreitung von Cannabiskonsum bei Personen mit sozialer Phobie stellt sich die Frage, ob die Angst vor sozialen Situationen womöglich eine Ursache für das Kiffen ist. Cannabis hat ja auch eine entspannende Wirkung. Denkbar ist aber auch, dass Ängste erst durch den Cannabiskonsum entstehen. So ist schließlich bekannt, dass es bei Konsumierenden im Rausch zu Panikattacken kommen kann. Dann wäre die Angst eher Folge des Kiffens.
Um diese Fragen zu untersuchen hat ein Forschungsteam um Dr. Julia Buckner von der Florida State University in den USA eine Längsschnittstudie durchgeführt, die sich über einen Zeitraum von 14 Jahren erstreckte. An der ersten Untersuchung nahmen 1.709 Schülerinnen und Schüler mit einem Durchschnittsalter von 16,6 Jahren teil. Zum Zeitpunkt der letzten Nachuntersuchung nahmen noch 816 Personen teil, die nun im Schnitt 30 Jahre alt waren. Um weitere mögliche Einflussfaktoren zu berücksichtigen wurden Risikofaktoren wie depressive Probleme, andere Angststörungen oder Verhaltensauffälligkeiten in die statistische Analyse mit einbezogen.
Kiffen folgt der Angst
Die Ergebnisse weisen eindeutig darauf hin, dass sich problematischer Cannabiskonsum in der zeitlichen Abfolge erst nach den ersten Anzeichen der sozialen Phobie entwickelt und signifikant damit zusammenhängt. Soziale Ängstlichkeit ist demnach ein bedeutsamer Risikofaktor für die Entwicklung problematischen Cannabiskonsums. Die Psychologieprofessorin Julia Buckner und ihr Team konnten zudem nachweisen, dass von den Angststörungen tatsächlich nur die soziale Ängstlichkeit mit problematischem Cannabiskonsum in Zusammenhang steht. Das bedeutet, es gibt eine sehr spezifische Verbindung zwischen dem Kiffen und der Angst vor sozialen Situationen. Panikattacken sind zwar als Folge des Kiffens bekannt, wer aber ohnehin darunter leidet, würde den Konsum von psychoaktiven Substanzen tendenziell eher meiden. Personen, die unter der so genannten generalisierten Angststörung leiden, sind ebenfalls nicht stärker gefährdet, einen problematischen Cannabiskonsum zu entwickeln, als Gesunde. Da die Cannabiswirkung selber Angst auslösen kann, würden Betroffene eher die Finger davon lassen.