Die bei Cannabis-Konsumenten (Kiffern) häufig zu beobachtende Antriebs- und Motivationsarmut könnte durch eine verminderte Dopaminproduktion im Gehirn verursacht werden. Dopamin ist ein wichtiger Botenstoff, der auch stimmungsaufhellend wirkt. Hier setzen einige Antidepressiva (Medikamente gegen Depressionen) an, indem sie die Dopaminausschüttung stimulieren oder das Inaktivieren von Dopamin durch Wiederaufnahme in die Nervenzelle hemmen. Cannabis verhindert dagegen die Ausschüttung oder sogar die Synthese von Dopamin und provoziert oder verstärkt so möglicherweise die Depression.
Für ihre Studie wählten die Forscher um Dr. Michael Bloomfield vom Imperial College (London, Großbritannien) 19 erfahrene Kiffer aus, die über Wahnvorstellungen oder andere Schizophreniesymptome während der Cannabiseinwirkung klagten. Ursprünglich waren die Forscher davon ausgegangen, dass dies Folge einer überschießenden Dopaminausschüttung im Gehirn sei, durch die das Belohnungssystem übermäßig stimuliert würde. Diesen Effekt wollten die Forscher untersuchen, indem sie mit der Positronen-Emissions-Tomographie (PET) die Dopaminkonzentration während der Cannabiseinwirkung ermittelten. Die PET ist eine medizinische Diagnosemethode, die Stoffwechselprozesse im Körper sichtbar macht, indem einzelne Stoffe schwach radioaktiv markiert werden, um deren Weg im Organismus zu verfolgen. Zumeist wird dafür Zucker verwendet, so können beispielsweise stoffwechselaktive Bereiche im Gehirn von inaktiven Bereichen unterschieden werden. In dieser Studie wurde dagegen eine Vorstufe des Dopamins, die für die körpereigene Synthese verwendet wird, markiert. So konnten die Forscher nachverfolgen wo im Gehirn wieviel Dopamin gebildet wird und letztendlich als Botenstoff aktiv ist.
Entgegen der ursprünglichen Annahme einer verstärkten Dopaminbildung zeigten die PET-Aufnahmen eine deutlich verminderte Dopamin-Konzentration. Dieser Befund erklärt die typische Teilnahmslosigkeit und andauernde Motivationsschwäche (Amotivationssyndrom) bei Cannabis-Konsumenten. Bedenkt man, dass Dopamin neben Serotonin auch bei Depressionen eine Schlüsselrolle spielt, könnte hier auch der Schlüssel zur Frage liegen, ob nun eine latente depressive Stimmung die Bereitschaft zum Kiffen fördert oder ob Cannabis die Konsumenten in Depressionen stürzt. Die Ergebnisse der aktuellen Studie zeigen, dass Cannabis die Dopaminsynthese im Gehirn hemmt. Damit wirkt die Droge direkt auf die Aufmerksamkeits- sowie Motivationsfähigkeit der Menschen und kann so das Abgleiten in depressive Stimmung anstoßen, zumindest aber verstärken.
Quellen:
Bloomfield, M.A.P. et al. (2013): Dopaminergic Function in Cannabis Users and Its Relationship to Cannabis-Induced Psychotic Symptoms. Biological Psychiatry – A Journal of Psychiartric Neuroscience and Therapeutics, online veröffentlicht am 1. Juli 2013. doi:10.1016/j.biopsych.2013.05.027