Di. Jul 16th, 2024

    Oftmals werden psychische Erkrankungen bei Männern nicht erkannt oder nur unzureichend therapiert, so die Mitteilung der Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde (DGPPN) anlässlich des Männergesundheitskongress in Berlin. Nach Auffassung der DGPPN sind daher geschlechtsspezifische Unterschiede „bei der Prävention, Diagnostik und Therapie von psychischen Erkrankungen bei Männern noch stärker zu beachten.“

    Insgesamt werden laut Angaben der DGPPN psychische Erkrankungen bei Männern deutlich seltener diagnostiziert als bei Frauen. So würden zum Beispiel nach aktuellen Daten in Deutschland innerhalb von 12 Monaten knapp fünf Prozent der erwachsenen Männer an einer Depression erkranken, wohingegen der Wert bei Frauen im gleichen Zeitraum bei über zehn Prozent liege. Gleichzeitig seien bei den Männern allerdings „eine deutlich höhere Rate für Suchterkrankungen sowie für (vollendeten) Suizid festzustellen.“ Der Leiterin des DGPPN-Fachreferates für geschlechterspezifische Fragen in der Psychiatrie, Prof. Anette Kersting, zufolge legen die „Daten nahe, dass psychische Erkrankungen bei Frauen spezifischer erfasst werden, als bei Männern.

    Depressive Männer fallen durch das medizinische Raster
    Zwar sind statistisch gesehen, Depressionen bei Frauen bislang deutlich häufiger als bei Männern, doch offenbar fallen hier viele Männer durch das medizinische Raster. Ein Mann, der eine Depression entwickelt, erfülle „nicht immer das klassische Bild eines depressiven Patienten“, zitiert die Nachrichtenagentur „dpa“ Professor Harald Gündel vom Uniklinikum Ulm. Die Vorstellung der Medizin von der Depression sei an dieser Stelle nicht vollständig. Auch die DGPPN betont, es sei durch Untersuchungen nachgewiesen, „dass die psychiatrisch-psychotherapeutische Diagnostik depressive Symptome bei Männern nicht erfasst.“ Männer würden immer noch versuchen, ihre seelischen Probleme zu verstecken und häufiger körperliche Symptome beschreiben, anstatt die klassischen erfragten depressiven Symptome wie Niedergeschlagenheit, Grübeln, Antriebslosigkeit oder Rückzugstendenzen, welche eher bei Frauen auftreten.

    Gereiztheit und Aggressivität Hinweise auf eine Depression
    Bei Männern ist im Zuge einer Depression laut Aussage der Experten oftmals einen erhöhte „Gereiztheit, Irritabilität, Aggressivität, Wut oder antisoziales Verhalten“ festzustellen, was als „typisch männliche“ Abwehrstrategie interpretiert werde. So könnten die depressiven Symptome bei Männern durch geschlechtstypische Stresssymptome überdeckt werden, mit der Folge, dass eine vorliegende Depression nicht diagnostiziert und nicht behandelt wird. Professor Gündel kommt zu dem Schluss, dass bei einer Berücksichtigung dieser Männer, Depressionen bei den Geschlechtern vermutlich gleich häufig seien, so die Mitteilung der „dpa“. Grundsätzlich bestehe hier auch das Problem, dass das vermeintlich „starke Geschlecht“ eher selten zum Arzt gehe. Ein Bericht des Robert Koch-Instituts (RKI) habe gezeigt, dass Männer allgemein seltener von medizinischen Angeboten erreicht werden und diese von sich aus weniger nutzen. Hier seien unkonventionelle Lösungen wie zum Beispiel Sprechstunden in Betrieben gefragt, berichtet Prof. Gündel. Ebenso könnten über das Arbeitsumfeld initiierte Seminare mit Gruppengesprächen den Männern helfen, sich auch über seelische Themen auszutauschen.

    Suchterkrankungen infolge von Stress
    Dass Männer und Frauen unterschiedlich mit emotionalem Stress und Problemen umgehen, ist laut Aussage von Prof. Anette Kersting durch frühere Forschungen belegt. „Während Frauen sich eher mit ihren Gefühlen beschäftigen und ins Grübeln verfallen, verdrängen viele Männer Probleme und greifen zur Flasche“, so Kersting. Dies sei vermutlich eine der Ursachen für die höhere Prävalenz von Suchterkrankungen bei Männern sowie von Depressionen und Angsterkrankungen bei Frauen. Professor Gerd Glaeske vom Zentrum für Sozialpolitik der Universität Bremen erklärte gegenüber der „dpa“ am Rande des Kongresses, dass zudem wenig über die Arzneimittelarten und -mengen, die Männer einnehmen, bekannt sei. Auch in relevanten Studien werde dies nur bis zu einem Alter von 64 Jahren erfasst, doch ein beachtenswerter Arzneimittelkonsum beginne oft erst in diesem Alter. Zudem werde Abhängigkeit bei Männern eher mit Alkohol oder illegalen Drogen verbunden, doch auch Arzneien wie Anabolika und anregende Mittel seien hier zu bedenken, da sie von Männern mehr eingenommen werden als von Frauen. (fp)

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