Sa. Dez 21st, 2024

    Dass bei der Entstehung von Angststörungen die Gene beteiligt sind, ist bereits bekannt. Ein Forscherteam der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald hat nun zwei Genregionen ausgemacht, die eine entscheidende Rolle bei der Angstkonditionierung spielen.

    Jeder Mensch hat Angst, und zunächst ist diese auch eine sinnvolle Reaktion auf bedrohliche Situationen. Wenn sie jedoch zu lange dauert oder das Alltagsleben beeinträchtigt, spricht man von einer Angststörung. Die Verhaltenstherapie geht davon aus, dass Angststörungen entstehen, wenn eine Person während eines schlimmen Ereignisses lernt, bestimmte Reize mit der Angst zu verknüpfen. Sie kann allerdings nicht hundertprozentig erklären, warum bestimmte Personen nach solchen Ereignissen Angststörungen entwickeln und andere nicht.

    Schon lange weiß man, dass die Gefahr, an einer Angststörung zu erkranken, steigt, wenn in der Familie bereits krankhafte Ängste aufgetreten sind. Eltern, Kinder oder Geschwister eines Patienten mit Angsterkrankung haben Studien zufolge ein drei- bis sechsfach erhöhtes Erkrankungsrisiko im Vergleich zur allgemeinen Bevölkerung. Die Forschung geht von 30 bis 100 Genen aus, die zusammenspielen müssen, um das genetische Risiko für eine Angststörung zu erhöhen. Forscher der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald haben nun eine bestimmte Genvariation auf ihre Wirkung bei der Konditionierung von Ängsten untersucht.

    Ausprägung zweier Genregionen bestimmt Stärke der Angst

    Das Team um die Psychologin Julia Wendt fand heraus, dass vor allem die Genregion 5-HTTLPR, die den Abbau von Serotonin mitbestimmt, und die Region COMT Val158Met, die beim Abbau von Noradrenalin und Dopamin eine große Rolle spielt, von entscheidender Bedeutung für die Angstverarbeitung sind. Das stellten die Forscher fest, nachdem sie mit 114 Probanden ein klassisches Furchtkonditionierungsexperiment durchgeführt hatten.

    Zunächst bestimmten sie bei allen Probanden die Allele beiden Genorte 5-HTTLPR und COMT Val158Met. Ein Allel bezeichnet eine bestimmte Ausprägung eines Gens. Bei einem dominant-rezessiven Erbgang setzt sich ein Allel (das dominante) bei der Ausprägung eines Merkmals gegenüber einem anderen Allel (dem rezessiven) durch. Die Studienteilnehmer sollten nun verschiedene geometrische Figuren auf einem Bildschirm betrachten. Auf eine bestimmte Figurenkombination folgte immer ein unangenehmer Stromschlag. Bei einer anderen Kombination gab es hingegen nie einen Stromschlag. Dadurch lernten die Personen, welche Form ein Gefahrensignal war und welche für Sicherheit stand. Danach erschienen auf dem Bildschirm das Gefahren- und das Sicherheitssignal gleichzeitig und zwar ohne Stromschlag. Bei allen Versuchen maßen die Forscher mit Hilfe eines Elektromyogramms (EMG) die Schreckreaktion der Probanden.

    Manche Menschen „verlernen“ Furcht schneller als andere

    Es zeigte sich, dass Genträger mit kurzem 5-HTTLPR-Allel eine stärkere Schreckreaktion aufwiesen als die Genträger des langen Allels. Als danach das Gefahren- und das Sicherheitssignal gleichzeitig gezeigt wurden, konnten die Forscher feststellen, dass die Träger des COMT Val-Allels wieder eine geringere Angst aufwiesen; sie profitierten also von dem Sicherheitssignal. COMT Met-Allel-Träger hingegen zeigten eine gleichbleibend hohe Schreckreaktion. Die Autoren vermuten, dass diese Genträger das Sicherheitssignal nicht dazu benutzen können, um ihre Furcht zu verringern. Somit scheint die Kombination beider genetischer Faktoren entscheidend dazu beizutragen, ob sich eine Angststörung entwickelt oder nicht. Die Forschungen könnten langfristig dazu beitragen, besser Medikamente gegen Angststörungen zu entwickeln.

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