Schüler, die unter Krankheiten wie Depressionen leiden, werden im Gruppenangebot „Starke Seelen“ in der Schulstation aufgefangen.
Die Gründe fürs Schulschwänzen sind vielfältig. Problematisch wird es, wenn Depressionen oder soziale Phobien dahinterstecken. Das neue Projekt „Starke Seelen“, eine Kooperation zwischen der Schulstation in der Hamfeldschule und der Stadt, soll nun gezielt 15- bis 17-Jährigen helfen, trotzdem einen Abschluss zu erlangen.
Alles beginnt in der fünften Klasse: Tim (Name geändert) fühlt sich in der Schule ständig unter Druck gesetzt, hat Angst vor schlechten Noten. Statt sich im Unterricht zu konzentrieren, flüchtet er sich in eine Fantasiewelt, distanziert sich mehr und mehr von seinen Mitschülern. In der zehnten Klasse hält er den Kontakt zu den Mitschülern kaum noch aus, erzählt der heute 17-jährige Realschüler. Er entwickelt eine Sozialphobie. Im kompletten zweiten Halbjahr zockt Tim bis spät in die Nacht am PC, morgens steht er nicht mehr auf. Dann endlich vermittelt ihn eine aufmerksame Lehrerin im Sommer 2015 an die Schulstation in der Hamfeldschule, wo er als Erstes einen Platz im Projekt „Starke Seelen“ bekommt.
Das bis Ende 2017 durch Landesmittel finanzierte Gruppenprojekt richtet sich an 15- bis 17-Jährige, die sich aufgrund ihrer psychischen Belastung – zum Beispiel emotionale Störungen, soziale Phobie, emotionale Störungen, Schulangst oder depressive Episoden – nicht mehr den Anforderungen eines normalen Schulalltags gewachsen fühlen.
Seitdem er an dem Projekt „Starke Seelen“ teilnimmt, sagt Tim, ist der Druck von ihm abgefallen. Das hänge unter anderem mit der familiären Atmosphäre und der individuellen Betreuung zusammen. Zwischen 9 und 9.30 Uhr starten die Schüler nach Tee und Kaffee mit der ersten Lernzeit, in welcher je nachdem Deutsch-, Mathe-, Erdkunde-, Geschichts- und Englischkenntnisse vermittelt werden. Bis 13 Uhr folgen Bewegungs- und Kreativangebote, Reflexionszeit oder gemeinsames Mittagessen. Betreut werden dort derzeit fünf Schüler von Sozialpädagogin Dagmar Osten-Vogt und Sonderpädagoge Uwe Somberg. Ziel ihrer Arbeit sei, dass die Kinder ihre Tagesstruktur wiedergewinnen und sich trauen, reale soziale Kontakte zu erleben, sagt Somberg. Man wolle den Kindern alternative Wege für einen Schulabschluss eröffnen und sie dabei unterstützen, sich auf externe Prüfungen vorzubereiten. Wichtige Voraussetzung ist, dass die Kinder und Jugendlichen selbst etwas verändern wollen.
Robin (Name geändert) wollte sich lange Zeit nicht mit seiner Sozialphobie auseinandersetzen. Der mittlerweile 17-Jährige war in der fünften Klasse, als er zum Mobbingopfer wurde. Es folgen ein Schulwechsel, jahrelanges Schulschwänzen und etliche Therapieansätze. Mit 16 Jahren kommt er zum dritten Mal in eine Klinik. Danach, erzählt der Gymnasiast, war er ganz unten. Doch er fängt sich wieder: Zehn Wochen lang stellt er sich auf einem Bauernhof in Bayern seiner Angst vor Menschen und beschließt am Projekt „Starke Seelen“ teilzunehmen.
Seit seinem Start im Herbst 2015, hat er nur zweimal gefehlt. Bereits im nächsten Halbjahr möchte Robin als Gasthörer eine Realschule besuchen, um dann im Sommer in einer externen Prüfung seinen Realschulabschluss zu machen. Tim hingegen will ab Sommer die Berufsfachschule besuchen. Beide fühlen sich wieder stark genug.